[7. Workshop] Der Austausch

Organisiert von Maude Fagot-Williams (Universität Tübingen/ Université de la Sorbonne – Paris) und Silvia Richter (Humboldt-Universität zu Berlin)

Am 19. und 20. Februar 2015 in Saarbrücken

Sie finden das Programm hier
und den Reader auf Deutsch und Französisch hier.

Man spricht im Alltag häufig von Austausch in sehr unterschiedlichen Zusammenhängen (Meinungsaustausch, Warenaustausch, Handelsaustausch, etc.). Dies führt einerseits dazu, dass dieser Begriff zum einen häufig vorkommt und somit auf den ersten Blick vertraut wirkt, anderseits aber inhaltlich diffus und unspezifisch ist. In der Tat liegt in den vielfältigen Anwendungsbereichen dieses Begriffs zugleich seine Stärke wie seine Schwäche. Deshalb ist es aufschlussreich, ihn hinsichtlich eines interdisziplinären Forschungsansatzes zu untersuchen: Was genau meinen wir, wenn wir von Austausch sprechen? Wie manifestiert er sich und worin liegen seine jeweiligen Besonderheiten? Gibt es eine allgemeine Definition des Austauschs? Oder nur verschiedene Aspekte von gewissen Arten des Austauschs?

In der Anthropologie wird beispielsweise die Universalität des Austausches in Frage gestellt und der Unterschied zwischen Gabe und Tausch (Marcel Mauss) hervorgehoben. In der Soziologie spricht man von social exchange theory bzw. der communication theory of social exchange – Termini, die eine spezifische Art der Austauschtheorie bezeichnen. In Linguistik und Literaturwissenschaft ist der Austausch eine wesentliche Voraussetzung für die Kommunikation an sich. Der Sprechakt geschieht immer In-Beziehung und vollzieht sich durch den Austausch von Informationen. Bei der Übertragung des Sinngehaltes kommt dabei manchmal etwas an Sinn hinzu oder geht verloren – vgl. das Beispiel des Kinderspiels „Stille Post“. Auch in den Geschichtswissenschaften hat das Interesse am Austausch in den letzten Jahren zugenommen: Insbesondere der Ansatz des Kulturtransfers (Michel Espagne) wurde für neue historische Interpretationen fruchtbar gemacht. Reisen haben in diesem Kontext schon immer eine wichtige Rolle für den Prozess des Kulturtransfers gespielt (vgl. die Entdeckungsreisen des 15.-18. Jh.). Auch in den Naturwissenschaften (Biologie, Chemie, Physik, etc.) kommt dem Austausch eine zentrale Bedeutung zu: Die Prozesse des Lebens (Photosynthese, Stoffwechsel, etc.) vollziehen sich in einem ständigen Austausch mit ihrer Umwelt. Daher kann der Mensch auch nicht als isoliertes Wesen angesehen werden, sondern soll gemäß der psychosomatischen Medizin (Victor von Weizsäcker) vielmehr in seiner Gesamtheit – im ständigen Austausch von Leib und Seele – untersucht werden.

Was sind die Unterschiede und Gemeinsamkeiten bei diesen verschiedenen Formen des Austauschs? Kann man trotz fundamental verschiedener Ansätze nicht doch einen gemeinsamen Nenner herausarbeiten, der sich jenseits der Grenzen der Disziplinen definieren lässt? Dieser Problematik und den sich hieraus ergebenden Fragestellungen möchte der deutsch-französische, interdisziplinäre Workshop nachgehen.

Interdisziplinarität der Forschungsansätze und Beiträge aus verschiedenen Fachrichtungen sind willkommen: Philosophie, Psychologie, Medizin, Soziologie, Geschichte, Archäologie, Judaistik, Kunstgeschichte, Fotografie, Städtebau, Geografie, Literaturwissenschaft, Linguistik, Informatik, Natur- und Technikwissenschaften, Rechts- und Politikwissenschaft, etc.